Habe ich eigentlich schonmal von meinem Verhältnis zur Nutellageneration erzählt? Ich glaube nicht. Die Nutellageneration
- ist verweichlicht
- knickt gerne mal ein
- findet ja alles sooo schwer
- gibt viel zu schnell auf
Die Nutellageneration bedient sich der Entschuldigung, die ein Mitschüler gerne mal benutzte, sobald er sich selbst Entschuldigungen schreiben musste ("ich konnte nicht kommen, weil ich leichte Anflüge einer eventuell kommenden Grippe verspürte"). Ich als Allgäuer Bergmädchen habe natürlich ein sehr viel robusteres Naturell und würde den Teufel tun, wegen einer Triefnase "zu leiden".
Heute habe ich wieder ein typisches Nutellagenerationserlebnis gehabt: Wir, d.h. ein paar Leute, haben zugesagt, beim Äpfellesen zu helfen. Um neun sollte es losgehen. Nun ist ja heute nicht das Beste aller Wetter, es hat heute früh geregnet. Hägar, mein innerer Schweinehund, und ich haben auch eine längere Konversation geführt, ob wir jetzt in dieses Schmuddelwetter rumdreckeln wollten. Ich fand, wir wollten, er fand, das Bett ist schön warm und kuschlig. Ich hab gewonnen (ich gewinne fast immer, weil mir Elfe, die sanfte Fee des guten Benehmens, zur Seite steht, auf die Hägar seit Jahren reinfällt). Also aufgestanden, Schmuddelklamotten angezogen, Regenkram eingepackt (sogar mehr Regenkram als nur für mich, weil ich mir schon dachte, dass die Nutellageneration nichts sowas Praktisches besitzt). Und was ist? Zweimal Absage wegen "wenn man da draußen ist, holt man sich ja den Schnupfen. Also ich komme nicht, ich kann jetzt nicht krank werden." Das klingt dann hinreichend gewichtig, um den Anschein der Notwendigkeit bzw. Geschäftsmäßigkeit zu erwecken. "Bei dem Schietwetter hab ich keine Lust zum Apfelpflücken" wäre ehrlicher gewesen, aber die Nutellageneration ist ja nicht nur weicheierig, sondern auch wichtig.
Ich, stolz wie Bolle, hab mich angetan mit den furchtbarsten Klamotten ans Apfellesen gemacht. Ein bemerkenswertes Exemplar der soeben geschmähten Generation stand mir zur Seite wie ein Fels in der Brandung.
Okay, Apfellesen ist anstrengend: Man steht gebückt und liest gefühlte Milliarden zum Teil winziger Äpfel vom Boden auf, die gar nicht weniger werden wollen. Der Regen tropft auf den Rücken, Füße werden kalt, Rücken schmerzt, man wird immer dreckiger und so bei 35 Zentnern wirds dann wirklich anstrengend für so'n Bürokind wie mich.
Und es passierte: Ich musste passen und mein Fels in der Brandung war noch fit. Nach besagten 35 Zentnern sagte mein Rücken, er will jetzt sofort eine Badewanne sehen. Die anderen Pflücker, also die Leute, denen die Obstwiesen gehören, haben noch weitere Milliarden Äpfel vor sich und ich musste sie im Stich lassen. Hmpf. Ist schon peinlich, eigentlich wollte ich ja wirklich was geschafft kriegen.
Jetzt werde ich mich in die Badewanne schleppen und dann einen feinen Minztee trinken mit dem festen Entschluss, keinen Schnupfen zu kriegen, und in dem Bewusstsein, dass ich wenigstens da war und niemand anders mehr meine 25 Körbe gelesener Äpfel aufsammeln muss. Und ich werde mich am Wochenende in der Erkenntnis üben, dass es einen graduellen, aber keinen substantiellen Unterschied zwischen einem Allgäuer Bergweib und den verweichlichten Jungs und Mädels der nächsten Generation gibt. Trotzdem werde ich mich eines gewissen Grinsens und einiger wohlgewählter Worte nicht enthalten können - und wollen.
Adventskalenderspinnen bis Tag 6
vor 1 Tag
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