Eine meiner wichtigsten Lektionen im Leben war die, die ich mit 16 im Selbstverteidigungskurs gelernt habe: Unser Trainer brachte uns bei, uns
angemessen zu wehren. Er sagte, niemand würde uns die Selbstverteidigung abkaufen, würden wir einem Mann mit einem gezielten Fußtritt die Familienplanung durcheinanderbringen, weil er "Hallo Süße" gerufen habe. Er hatte recht und wir haben gelernt, Maßnahmen zu ergreifen, die zu der Aggression passten.
Irgendwie ist das mein Mantra geworden: "Hab immer Plan B. in der Tasche, bevor Du Plan A. durchziehst".
In der Firma, um die es auch in den zwei vorigen Posts ging, scheint dieses Mantra nicht bekannt zu sein. In dem Fall ist nichtmal sicher, dass jemand "Hallo Süße" gerufen hat, vielleicht wars nur "heut ist Sonntag". Aber die Firma haut den großen Lukas - und hört auch damit nicht auf. Naja, ist ja logisch, Plan B. fehlt, weil die erste Aktion keinen Plan B. mehr zulässt.
Man muss sich das mal vorstellen: Wir haben jetzt Oktober. Vor ungefähr zwei Wochen hat die Fima Produkte bei Dawanda moniert, die wurden daraufhin sofort entfernt (ganzer Thread dazu
hier, könnte etwas Zeit erfordern, da ist offensichtlich großer Besuchstag). Jetzt mahnt sie die Hersteller/innen mit "Beweismitteln" vom Juli kostenpflichtig ab!
Jenseits der Frage, ob es wirklich "Hallo Süße" war und nicht doch "Heut ist Sonntag", ist das wirklich schlechtes Benehmen. Sie geben den Händlerinnen und Händlern keinerlei Chance, die Situation zu heilen, sondern drücken denen gleich noch eine Unterlassungserklärung rein, die eine fünfstellige Streitsumme festlegt. Den Wert kann ich mir nur mit den umfänglichen Recherchearbeiten seitens der beauftragten Anwälte vom Juli bis jetzt erklären. Mein Rechtsverständnis rührt aus meinem Studium, wo ich mal für Kohle einer Jurastudentin ihre Abschlussarbeit getippt habe. Aber das kann der Gesetzgeber nicht gemeint haben, wenn er findet, der Schutz von Marken muss eingefordert werden, sonst wird er geschwächt.
So gesehen ist die Antwort nur folgerichtig: Die Internetgemeinde kocht, das Ganze zieht sich in die Mainstream-Medien, die Firma kriegt einen Imageschaden, der sich gewaschen hat. Selbst wenn jemand etwas bestellen möchte, verliert er oder sie vermutlich bald die Geduld, weil sämtliche Server komplett mit Beschwerden überlastet sind. Ist aber nicht schlimm. Denn vertraut man den Aussagen im Netz, wollen sowieso viel weniger Menschen etwas bestellen.
Keule für Keule. Ist es das? Geht es darum? Was ist denn jetzt aus der Aktion entstanden?
- Es gibt mindestens sieben Frauen, die richtig in den Geldbeutel fassen sollen und mit der Situation vermutlich komplett überfordert sind, sowohl mit der Abmahnung als auch mit dem, was in der Netzwelt folgt. Keine von ihnen wird derzeit gut schlafen. Wir alle können uns über diese Unangemessenheit aufregen, diese Frauen kriegen sie grade zu spüren und das nicht zu knapp.
- Der Firma und ihren obersten Vertretern werden die nächsten Quartalszahlen mit großer Wahrscheinlichkeit Weihnachten verhageln, gleichzeitig beharrt sie auf der "harten Linie" und fährt selbst noch in der Stellungnahme ihre Drohgebärden aus.
- Die Solidaritätswelle (bissel runterscrollen, da gibt es eine Liste derer, die sich geäußert haben) schwappt über: Viele - so auch ich - empören sich über dieses Gebaren, schreiben, und tragen so hoffentlich ihr Scherflein bei, dass die Welle nicht so schnell verebbt.
Nein, damit ist nichts gewonnen, außer dass es ein neues Thema in den
Medien gibt (unter vielen anderen Beiträgen auch
hier und
hier und
hier). Die Anwälte kriegen einen echten Makel ab, über die Firma schwappt wohl grade eine Welle rein, mit der sie nicht gerechnet hat, die abgemahnten Frauen und Männer suchen nach Wegen, das Ganze einigermaßen heil zu überstehen.
Dabei wärs so einfach gewesen: Eine Mail im Juli an Dawanda mit dem Tenor, bei euch gibts Sachen, die vertragen sich nicht mit unserem Markenschutz, bis zum xten sind sie zu entfernen. Das Schreiben muss nichtmal sonderlich freundlich sein. Die angemahnten Artikel werden entfernt und gut ist. Hätte gereicht. Natürlich hätten die Händler/innen das nicht gut gefunden, aber sie hätten sich gefügt. Sie haben sich auch jetzt gefügt. Nur die große Isegrimmhaut hat den großen Schwinger ausgefahren. Und genau das setzt sie ins Unrecht, Gesetzeslage hin oder her.
Schon Shakespeare hat eine Komödie geschrieben, die "Maß für Maß" heißt. Dies hier ist eine Art Fortsetzung. Ich nehme sie mal als Lehrstück.
Es grüßt
Nanika, die gerade 10
Stilleben in Quadraten bestellt hat - einfach so, weil das Leben so ist, wie es ist (weiß nicht, wie lange es den Link noch gibt, da scheint auch eine Welle reingebrochen zu sein)